Umbau Flarzhaus Uster

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Balissat Kaçani
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Stefan Wülser +
Wohnen
Umbau
Direktauftrag

Das inventarisierte Flarzhaus besitzt weder zeitgemässe Installationen (Wasser-, Strom- und Heizungsleitungen sind defekt und die Heizung basiert auf Gas) noch normgerechte Erschliessung (die 1.95m hohen Geschosse werden über Leitern erschlossen). Das schützenswerte Tragwerk aus Holz ist marod und die Wände setzen sich auf Grund fehlender Fundamente. Eine neue Treppe aus Beton fängt bestehende Holzbalken ab und erschliesst alle Geschosse als Treppenlandschaft. Sie stabilisiert so das Gebäude statisch und funktional. Die komplexe auf Faltungen basierende Geometrie ermöglicht eine 60mm dünne Ausführung des Betons. Durch das geringe Eigengewicht wird nur ein minimales Fundament benötigt. Entlang der räumlich kontinuierlichen Treppenlandschaft siedeln sich Bereiche die haustechnische Installationen benötigen (Küche, Bad, Heizraum, ...), wodurch der ursprüngliche Zustand der 6 schützenswerten kammernartigen Räume wiederhergestellt werden kann ohne auf zeitgemässen Komfort zu verzichten.

Bildrechte: Walter Mair, Balissat Kaçani

Überlegungen zum Projektantrag

Sinnvoller Einsatz von Beton
Die Betontreppe fängt alle baufällig gewordenen Holzträger ab und leitet sie in ein neues, minimales Fundament. Durch die Optimierung der Geometrie kann im Ortbeton die Materialstärke minimiert werden wodurch die bestehende Raumhöhe von 1.95m punktuell bis auf 2.50m vergrössert werden kann. Nur Beton ist in der Lage sich geometrisch punktgenau und fugenlos in den unregelmässigen Bestand zu giessen und mit diesem kraftbündig zu verbinden.
Materialspezifische Innovationen
Indem die Treppe aus Beton ausgeführt wird, wird sie zum Tragwerk des gesamten Gebäudes. Durch das ausbilden von unregelmässigen Treppenpodesten für Bereiche zum baden, kochen oder arbeiten kann die Treppe als Faltwerk verstanden werden. Dadurch kann der Beton mit einer Materialstärke von 60mm ausgeführt werden wodurch der Materialverbrauch minimiert wird. An den Auflagern der bestehenden Holzbalken auf der neuen Treppe wirkt das Tragwerk als Holz-Beton Verbund zwischen Alt und Neu.
Interdisziplinäre Ansätze
In engem Austausch mit dem Ingenieur und dem Baumeister wurde die Geometrie der Treppe laufend auf statische Performance, Funktionalität für Koch- und Badebereiche, Bauablauf im Bestand sowie die Einhaltung aller Normen wie Durchgangshöhen, Durchgangsbreiten, Trittverhältnissen, ... abgestimmt. Zusätzlich wurden in engem Austausch mit der Denkmalpflege die bestehenden Holzbalken in das Gesamttragwerk integriert.
Ortsspezifische Gestaltung
Die Treppengeometrie reagiert auf die physischen Gegebenheiten der Bausubstanz wie spezifische bestehende Raumgeometrien, Zustand bestehender Holzbalken, mögliche Orte für Fundament im Boden und Anker an bestehenden Naturstein- und Backsteinwänden, bestehende Raumhöhen von unter 2m die nicht mit heutigen Anforderungen übereinstimmen, räumliche Engstellen bei schützenswertem Kamin, etc. Die in Ortbeton mit dem Bestand vergossene Treppe verräumlicht diese Bedingungen als Erschliessungslandschaft.
Gestalterisch-räumliche Konzeption
Die Treppenlandschaft sollte den engen kleinteiligen Massstab des Bestandes phänomenologisch sprengen. Die Treppenlandschaft verbindet alle drei Geschosse und die Dachterrasse als räumlich kontinuierliche Topographie, welche nur Bereiche gliedert und keine kleinteiligen Räume abgrenzt. Auf jedem Podest sind über diagonale Blickbeziehungen jederzeit zwei Geschosse gleichzeitig wahrnehmbar. Dadurch werden tiefe und Enge Raumkammern gleichzeitig als grosszügiges Raumkontinuum erlebt.
Durchdachtes Tragwerk
Das Tragwerk reagiert geometrisch als Faltwerk auf die bestehenden unregelmässigen schützenswerten Räume, anderseits auf den Zustand des bestehenden Bodens, bestehender Holzbalken und bestehender Naturstein- und Backsteinwände für Fundamente, Anker und Auflager. Die resultierende unregelmässige Geometrie aktiviert die Treppensteigungen immer jeweils als Unter- und Überzüge, wodurch die horizontalen Flächen nie weiter als 1.2m spannen. Dadurch kann die Materialstärke auf 60mm reduziert werden.
Umfassende Nachhaltigkeit
Ortbeton reagiert punktgenau auf den Zustand des Bestandes, wodurch dieser an Schwachstellen lokal verstärkt, und auch bewahrt wird. In Kombination mit der komplexen und optimierten Geometrie kann auch der Materialeinsatz minimiert werden.
Die Treppe befreit ausserdem die bestehenden Kammern von ihrer Erschliessungsfunktion (für Menschen, Strom, Wasser, Heizung, ...) wodurch die 6 gleichartigen Räume vielfältig angeeignet und verbunden werden können, auch bei sich ändernden Lebensumständen.

Eigenschaften

Ort
Uster
Baukategorie (SIA 102)
Wohnen
Art der Aufgabe
Umbau
Art des Verfahrens
Direktauftrag
Baukosten in CHF (SIA 416)
800'000
Geschossfläche in m² (SIA 416)
179.2
Planung
2021 → 2022
Fertigstellung
2023 → 2024
Inbetriebnahme
2024

Projektbeteiligte

Architektur
Architektur
Architektur
Architektur
Bauingenieurwesen
Betonbau
Denkmalpflege