Einfamilienhaus "Im Strom der Schwellen"

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Patrick Reuter Architektur
Wohnen
Neubau
Direktauftrag

Das Einfamilienhaus liegt im hinteren Bereich eines privaten Grundstücks auf sanft abfallendem Gelände, eingebettet in anspruchsvolles Terrain. Errichtet auf einem ausgetrockneten Flussbett, ruht das Gebäude auf einem Untergrund aus Lehm, Löss, Fels und Rheinkies. Eine Rühlwand stabilisiert den losen Kies und Schotter.
Im Zentrum befindet sich ein ebenerdiger Wohnraum, verglast zur Vorder- und Rückseite, der Innen- und Außenräume verbindet. Wohnbereiche den Seiten und Schiebe- sowie Falttüren ermöglichen flexible Raumverbindungen. Starre Grenzen wurden vermieden, der Wohnraum bleibt offen und wandelbar.
Der zentrale Raum entsteht durch die Entflechtung der Tragwände. Der Hauptwohnraum ist ein „leerer“ Raum, der Spannung und Ruhe vermittelt. Eine Treppe verbindet ihn mit dem Obergeschoss, das auf vier Eckpunkten ruht. Sichtbetonwände betonen die Balance von Robustheit und Sensibilität.
Übergänge werden durch Schwellen markiert, fliessende Räume lösen Grenzen auf- ein Ort, ein Haus.

Bildrechte: Rasmus Norlander

Überlegungen zum Projektantrag

Sinnvoller Einsatz von Beton
Beton wurde in diesem Projekt bewusst als tragendes und gestalterisches Element eingesetzt. Die tragenden Sichtbetonwände verleihen dem Gebäude Stabilität und dienen gleichzeitig als prägende architektonische Elemente. Ihre Positionierung im rechten Winkel (EG u. OG) unterstreicht die Raumorganisation, Ausrichtung und Verbindung der Räume. Gleichzeitig harmoniert der Beton mit den natürlichen Gegebenheiten des Ortes und verleiht dem Baukörper eine robuste, erdverbundene Qualität.
Materialspezifische Innovationen
Das Projekt kombiniert Beton mit grossflächige Verglasungen, um eine spannende Interaktion zwischen Massivität und Transparenz zu schaffen. Während der Beton für Stärke und Langlebigkeit steht, ermöglicht die Verglasung eine nahtlose Verbindung zwischen Innen- und Aussenraum. Die Tragstruktur und das Raumprogramm sind so aufeinander abgestimmt, dass jede Sichtbetonwand sowohl die räumliche als auch statische Funktion wahrnimmt und damit eine hohe Materialeffizienz entsteht.
Interdisziplinäre Ansätze
Die Gestaltung des Hauses erforderte eine enge Zusammenarbeit zwischen Architekt und Ingenieur, und zu Beginn mit dem Geologen. Der Standort mit dem vielschichtigen und unstabilen Untergrund stellte besondere Anforderungen a die Statik, die durch den Einsatz von Beton als tragendem Material in Verbindung mit einer Rühlwand und Sporen gelöst wurden. Dieses interdisziplinäre Vorgehen gewährleistete nicht nur die Stabilität, sondern führte zu einem innovativen räumlichen und tektonischen Konzept.
Ortsspezifische Gestaltung
Das Gebäude ist sorgfältig in eine anspruchsvolle Topographie eingebettet, die durch einen ehemaligen Flusslauf und eine vielschichtige Geologie aus Lehm, Löss, Fels und Rheinkies geprägt ist. Die Betonwände greifen diese Erdverbundenheit auf. Die Architektur strebt eine harmonische Verbindung zwischen natürlicher Einbettung und den Zwängen der komplexen Umgebung an. Hier trifft Ruhe auf Unruhe.
Das Erdgeschoss breitet sich maximal aus, wohingegen sich das Obergeschoss bewusst zurücknimmt.
Gestalterisch-räumliche Konzeption
Das Haus ist um einen zentralen, offenen Wohnraum organisiert, der sich vorne und hinten durch grosse Öffnungen zum Garten hin öffnet und seitlich von den angrenzenden Wohnbereichen gefasst und erweitert wird. Diese räumliche Kontinuität schafft eine fließende Verbindung zwischen Innen- und Außenbereich. Die Haupttragwände erzeugen eine klare räumliche Struktur, während die Flexibilität durch Schiebe- und Faltelemente die Anpassungsfähigkeit der Räume betont. Querverweise werden zugelassen.
Durchdachtes Tragwerk
Das Tragwerk wurde so konzipiert, dass es sowohl funktional als auch gestalterisch überzeugend ist. So ist jede Sichtbetonwand sowohl räumlich als auch statisch relevant, womit eine hohe Materialeffizienz resultiert. Das Obergeschoss ruht auf vier präzisen Punkten der unteren tragenden Aussenwände auf, was eine Lastverlagerung schafft, die den „leeren“ Raum im Zentrum des Hauses betont. Diese Herangehensweise vereint technische Präzision mit einer besonderen architektonischen Geste.
Umfassende Nachhaltigkeit
Die Nachhaltigkeit des Projekts zeigt sich in der bewussten Materialwahl, der langlebigen Konstruktion. Beton wurde wegen seiner Robustheit und Wartungsarmut gewählt, während die großflächige Verglasung eine passive Nutzung von Tageslicht und eine Verbindung zur Natur ermöglicht. Die Flexibilität des Raumkonzepts erlaubt es, das Haus an zukünftige Bedürfnisse anzupassen. Darüber hinaus wird mit Erdsonden und WP geheizt/gekühlt, die Dächer sind begrünt und vollflächig mit PV belegt.

Eigenschaften

Ort
Riehen, BS
Baukategorie (SIA 102)
Wohnen
Art der Aufgabe
Neubau
Art des Verfahrens
Direktauftrag
Baukosten in CHF (SIA 416)
(vertraulich)
Geschossfläche in m² (SIA 416)
322 m2 (BGF inkl. Keller)
Planung
2022 → 2023
Fertigstellung
2023 → 2024
Inbetriebnahme
2024

Projektbeteiligte

Bauingenieurwesen