Erweiterung Bezirksgericht Meilen

1212
raumfindung architekten eth bsa sia
Justiz und Polizei
Neubau
Wettbewerb
Offenes Verfahren

Die bestehende Bezirksanlage Meilen erhält mit dem kompakten, dreigeschossigen Erweiterungsbau eine neue Adresse. Die Erweiterung ermöglicht eine klare Trennung der Nutzungen - Publikumsbereiche wie Empfang, Gerichtssäle und Dialogräume sind im Neubau untergebracht, während die Büroarbeitsplätze im Bestandsbau ihren Platz finden. Der Baukörper besteht aus einer Komposition von drei ineinander verschränkten Teilvolumen und nimmt mit Vor- und Rücksprüngen Bezug zur Kleinteiligkeit seines Umfeldes. Die Fassade aus hell geschlämmtem Klinkermauerwerk besticht durch ihre textil anmutende Oberfläche und tritt in einen harmonischen Dialog mit dem gegenüberliegenden Bestandsbau. Im Inneren entsteht eine würdevolle und klare Atmosphäre, geprägt von sandgestrahlten Betonwänden, Terrazzoböden und warmen Holzverkleidungen – ein idealer Rahmen für die Rechtsprechung.

Bildrechte: © Beat Bühler

Überlegungen zum Projektantrag

Sinnvoller Einsatz von Beton
Alle Bauteile ohne Weisszementanteil wurden konsequent aus Recyclingbeton gefertigt. Auch bei den Bauhilfsmassnahmen und der Negativbetonsohle kamen recycelte Gesteinskörnungen zum Einsatz. Dank der kleingliedrigen Bauweise konnten die Betontypen gezielt an die jeweiligen Anforderungen in Bezug auf Exposition und Festigkeit angepasst werden. Die Untergeschosse wurden als wasserdichte Betonkonstruktion ausgeführt.
Materialspezifische Innovationen
Rissbildungen wurden im anspruchsvollen Zusammenspiel von perforierten Grossflächenschalungen, dem Zuschlag von Weisszement und dem Sandstrahlen mittels raffiniertem Fugenkonzept sowie schwimmenden und gleitenden Lagerungen erfolgreich entgegengewirkt. Im Rahmen von Kunst am Bau wurden von der Künstlerin Tanja Roscic ausgehend vom Werk „Faces and Vase“ zwei weitere raumgreifende Werke aus Stahl entwickelt, welche während der Rohbauarbeiten in die Schalungen eingebracht und einbetoniert wurden.
Interdisziplinäre Ansätze
Die anspruchsvolle Raumstruktur, komplexe Statik und Sichtbetonanforderungen erforderten einen intensiven Dialog zwischen Architekt und Bauingenieur. Die Gebäudetechnik wurde im Team laufend hinsichtlich Effizienz und Raumbedarf optimiert. Die Technikzentrale liegt im Zwischengeschoss über dem EG, was kurze Leitungswege ermöglicht. Räume mit hoher Personenbelegung wurden angrenzend an diese Zonen verortet, um eine direkte und funktionale Erschliessung sicherzustellen.
Ortsspezifische Gestaltung
Das Gebäude reiht sich in die Tradition „ehrwürdiger“ Kommunalbauten ein, die identitätsstiftend für den Ort sind und Generationen überdauern. Der Baukörper mit verschränkten Teilvolumen nimmt Bezug auf umliegenden Gebäudefluchten. Die Fassade erfüllt in ihrer Materialität und Farbigkeit die Ansprüche eines öffentlichen Gebäudes und orientiert sich am Umfeld. Die präzise Setzung schafft Abstand zu Wohnbauten und bildet mit dem Vorplatz eine einladende Empfangsgeste und Mehrwert für das Quartier.
Gestalterisch-räumliche Konzeption
Gerichtsverhandlungen sind oft stressbelastet, daher wurde mit hellem Terazzoboden, sandgestrahltem Sichtbeton und dunkel gebeizter Eiche eine beruhigende Raumwirkung geschaffen. Hochfrequentierte Räume wie der grosse Gerichtssaal sind im Erdgeschoss. Jeder Saal verfügt über eine Wartenische und ein Verhandlungszimmer. Eine separierte Erschliessung sorgt für die sichere Zuführung von Arrestanten. Die Raumfolge bildet die betrieblichen Anforderungen und den Gerichtsalltag massgeschneidert ab.
Durchdachtes Tragwerk
Die stark verschachtelten Räumlichkeiten sowie teils grosse Spannweiten erforderten ein gut durchdachtes Trag-Wand-System unter Berücksichtigung der hohen ästhetischen Ansprüche. Vierendeelträger überspannen den grossen Gerichtssaal, raumhohe Sichtbetonscheiben wirken als Überzüge, die gezwängten Sichtbetonbauteile in der Fassade mussten gleichzeitig dämmtechnisch entkoppelt werden. Lokal hohe Beanspruchungen und vielfältige Einlagen bedingten innovative und massgeschneiderte Einzellösungen.
Umfassende Nachhaltigkeit
Das Gebäude nach MINERGIE-P-Standard vereint Nachhaltigkeit und Effizienz: Die massive Betonstruktur speichert Wärme und reduziert Betriebskosten. Die ökologischen Kriterien der Materialien wurden in Anlehnung an die Eco-Vorgaben umgesetzt. Die Fassade aus langlebigem Klinker und Beton ist unterhaltsarm und ressourcenschonend. Das Energiekonzept ist mit der Nutzung von Erdwärme und Sonnenenergie vollumfänglich auf erneuerbare Energien ausgerichtet.

Eigenschaften

Ort
Meilen ZH
Baukategorie (SIA 102)
Justiz und Polizei
Art der Aufgabe
Neubau
Art des Verfahrens
Wettbewerb
Beschaffungsform
Offenes Verfahren
Baukosten in CHF (SIA 416)
11'600'000
Geschossfläche in m² (SIA 416)
2'860
Planung
2017 → 2023
Fertigstellung
2021 → 2024
Inbetriebnahme
2024