Römerstrasse Baden

1175
Michael Meier und Marius Hug Architekten
Wohnen
Umnutzung
Wettbewerb
Einladungsverfahren

Aus dem Ortskern Badens führt die Römerstrasse ins Industriegebiet. Hier, etwas peripher vom Areal der ABB, am Hang zur Limmat, stehen vier pavillonartige Bürogebäude aus den 60er Jahren. Dank eines erfolgreichen Wettbewerbes 2010, wurden diese zu 78 Eigentumswohnungen umgebaut, deren Bezug 2023 erfolgte.

Kern des Entwurfs ist eine Enfilade aus Sottoportegos, welche das Rückgrat der vier Volumen bildet und die Erschliessung anbindet. Das Thema der Enfilade setzt sich in den grosszügigen Wohnungen fort, und auch die statisch notwendigen Eingriffe an der betonierten Kassettendecke manifestieren sich in Form massiver, raumgliedernder Stützen und Trennwänden. Als Kontrast windet sich eine filigrane, schürzenartige Fassade mit einem dynamischen Ballett aus textilen Ausstellmarkisen um die Gebäude. Dank dem Erhalt der Gebäudestruktur besteht der ortsspezifische Bezug zum Flussraum weiter und ein nahtloses Kapitel in der Stadtentwicklung Badens wurde fortgeschrieben.

Bildrechte: Markus Bertschi, Zürich / Roman Keller, Zürich

Überlegungen zum Projektantrag

Sinnvoller Einsatz von Beton
Der Beton wird insbesondere für die Ertüchtigung des bestehenden Tragwerks, der neuen Erschliessungskerne sowie für die Erweiterung der Parkgarage eingesetzt. Im Freiraum zwischen den Gebäuden werden zudem sandgestrahlte Betonmauern eingesetzt, die das leicht abfallende Terrain gliedern und gleichzeitig die Privatsphäre der Erdgeschosswohnungen wahren.
Materialspezifische Innovationen
Das bestehende Tragwerk der als Provisorien genutzten Laborgebäude wurde in der Entstehungszeit durch ökonomische Aspekte konzipiert. Dies führte zu einer minimalen Dimensionierung des Materials Beton. Die Rippendecke oszilliert zwischen Filigranität der Decke und Massivität der kräftigen Unterzüge und Stützen und bildet so ein identitätsstiftendes Bauteil, welches mit der Ertüchtigung mittels im Verbund wirkender neuer Betondecke in die Zukunft und Nutzungstransformation übertragen wurde.
Interdisziplinäre Ansätze
Das bestehende Bauwerk, insbesondere die Fundation, musste ebenfalls ertüchtigt werden. Diese führte während der Bauzeit zu unterschiedlichsten statischen Zuständen, die mittels komplexer Stahlkonstruktionen gelöst wurden. Die Koordination mit den beteiligten Fachdisziplinen, insbesondere dem Tragwerksplaner, war geprägt durch eine hohe Komplexität und bedurfte einer intensiven und interdisziplinären Herangehensweise.
Ortsspezifische Gestaltung
Das bestehende Tragwerk steht auch beim fertiggestellten Bauwerk im Zentrum. Es trägt die Geschichte der ursprünglichen Nutzung in die Wohnräume. Mit der Einführung des Sotoportego steht das Tragwerk mittels kräftigem Pfeilertragwerk auch im Bereich des Erdgeschosses im Vordergrund. Es markiert den Eingangsbereich und verortet die überdachten Zugangshallen, die die Bewohner und Besucher zu den Hauszugängen begleiten.
Gestalterisch-räumliche Konzeption
Die architektonische und räumliche Gestaltung des Projektes geht von den Bestandesbauten der Pavillons aus. Die Nord-Süd-Ausrichtung der Freiräume und der damit verbundene räumliche Bezug zum eindrucksvollen Baumbestand der Hangkante zur Limmat ist nach wie vor prägend. Mit einer behutsamen Aufstockung und dem Ersatz der Erschließungsstruktur konnte die Bausubstanz nachverdichtet werden, ohne die wertvollen räumlichen Qualitäten zu beeinträchtigen.
Durchdachtes Tragwerk
Die Einführung zusätzlicher Treppenhäuser, die für die Erschliessung der Geschosswohnungen zentral sind, löst zugleich die Anforderungen der Erdbebensicherheit. Ihre Positionierung ersetzt die kräftigen Stützen und überführt zu einer raumhaltigen, tragenden Stützenstruktur mit Erschliessungsfunktion. Die Errichtung der Treppenhäuser war begleitet durch eindrucksvolle örtliche Rückbauarbeiten und einem provisorischem Tragwerk zur Gewährleistung der Tragwerksstabilität.
Umfassende Nachhaltigkeit
Die Transformation stellt hohe Ansprüche an das Planerteam und die Koordination des Bauablaufs. Es ist per se eine nachhaltige Vorgehensweise, da die Wiederverwendung bestehender Substanz und die zusätzliche Erweiterung erfolgen. Aus ökonomischer Sicht ist eine langfristige Betrachtung erforderlich, da die Investitionskosten aufgrund der hohen Komplexität mit Neubaukosten vergleichbar sind. Auf sozialer Ebene handelt es sich um das Weiterführen von Vertrautem.

Eigenschaften

Ort
Römerstrasse 36a – h, 5400 Baden
Baukategorie (SIA 102)
Wohnen
Art der Aufgabe
Umnutzung
Art des Verfahrens
Wettbewerb
Beschaffungsform
Einladungsverfahren
Baukosten in CHF (SIA 416)
56 Mio.
Geschossfläche in m² (SIA 416)
16'557 m2
Planung
2018 → 2019
Fertigstellung
2020 → 2023
Inbetriebnahme
2023