Bezirksanlage Winterthur

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Gunz & Künzle Architekt*innen
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Miebach Oberholzer Architekten
+
Ghisleni Partner AG
Justiz und Polizei
Neubau
Wettbewerb
Offenes Verfahren

Die Architektur eines Gefängnisses darf Inhaftierte nicht zusätzlich bestrafen. Dies war die Basis, auf der die Wettbewerbseingabe von der Arbeitsgemeinschaft erarbeitet wurde. Die Aussenwirkung soll den Inhalt jedoch genauso wenig beschönigen. Mit einem Raster aus vorfabrizierten Betonelementen tritt der Neubau der Bezirksanlage deshalb möglichst «neutral» in Erscheinung. Gleichzeitig schaffen es die Füllungen der einzelnen Rasterelemente den verschiedensten Anforderungen der dahinterliegenden Räume zu genügen – offen, geschlossen, transparent, transluzent, ausbruchsicher und vieles mehr. Ziel des 2014 ausgeschriebenen Wettbewerbes war es, die geforderten Flächen für die verschiedenen Organisationseinheiten (Staatsanwaltschaft, Kantonspolizei und Untersuchungsgefängnis) und die Wiederintegration der Jugendanwaltschaft betrieblich, wirtschaftlich und städtebaulich optimal anzuordnen.

Bildrechte: Gunz & Künzle Architekt*innen, Miebach Oberholzer Architekten, Sven Högger Photographer

Überlegungen zum Projektantrag

Sinnvoller Einsatz von Beton
Bei der Sanierung des Bestandes wurde das bestehende Stahlbeton-Tragwerk so weit wie möglich respektiert. Die Lasten im Gebäude werden anhand von leichten Bodenaufbauten und Leichtbauwänden so weit begrenzt, dass keine grossflächige Verstärkung des Tragwerks notwendig ist. Wo erforderlich wurde die Betonstruktur instandgesetzt, um dessen Lebensdauer zu verlängern. Die hohen Sicherheitsstandards des Neubaus können mit der gewählten Stahlbeton-Bauweise effizient erfüllt werden.
Materialspezifische Innovationen
Zu diesem Kriterium wurden keine Angaben gemacht.
Interdisziplinäre Ansätze
Das Tragwerk des Neubaus ist das Resultat aus einem integralen Planungsprozess, bei dem insbesondere den sicherheitsrelevanten Aspekten sowie den unterschiedlichen Öffnungsgraden der Fassade Rechnung getragen wird. Die Wahl der Sichtbetonanforderungen erfolgte bereichsweise und abgestuft auf die vorgesehene Nutzung mit dem Ziel, eine angemessene Umgebung für die Insassen zu gestalten.
Ortsspezifische Gestaltung
Das städtebauliche Konzept der Bezirksanlage Winterthur betont ihren öffentlichen Charakter und schafft grosszügige Aussenräume. Durch eine klare Volumetrie und eine sensible Integration in die Umgebung entsteht ein architektonisch ansprechendes Ensemble, das sowohl funktional als auch gestalterisch überzeugt. Der Neubau ergänzt stimmig das Bestandsgebäude.
Gestalterisch-räumliche Konzeption
Ein kompaktes Neubauvolumen wird parallel zum Bestandsgebäude gestellt. Anschliessend an den Gefängnistrakt sind im westlichen Kopf des Neubaus die Büros der Staatsanwaltschaft angeordnet. Durch das erarbeitete Grundrissdispositiv kommen die gemeinschaftlichen Hafträume an der weithin sichtbaren Gleisfassade zu liegen – und prägen damit massgeblich den Ausdruck des Gebäudes. Über den gesamten Körper wird ein beruhigendes Raster aus vorfabrizierten, hellen Betonelementen gelegt.
Durchdachtes Tragwerk
Im Bürotrakt wurde ein flexibler Stahlbetonskelettbau realisiert. Im Gefängnistrakt werden die Zellentrennwände für den vertikalen Lastabtrag sowie als Wandscheiben für Lastumleitungen im Erdgeschoss genutzt. Durch die detailliert ausgearbeiteten Wandscheiben und gezielt eingesetzte lineare Abfangelemente, konnte auf die Ausbildung einer grossflächigen Abfangdecke verzichtet werden. Bei der Aufstockung des Bestands werden die vertikalen Lasten über die bestehenden Betonstützen abgetragen.
Umfassende Nachhaltigkeit
Durch die Erhaltung des Tragwerks des Bestandes werden ca. 2’700 m3 Beton wieder- resp. weiterverwendet So kann ein bedeutender Beitrag zur Reduktion des CO2-Austosses und des Energie- und Materialverbrauches des Gesamtprojekts geleistet werden. Beim Neubau wurde ein möglichst hoher Anteil an recyclierter Gesteinskörnung sowie der Einsatz von nachhaltigen Zementarten in den Vordergrund gestellt. Mit gewerkübergreifenden Massnahmen konnte eine Minergie-P-ECO Zertifizierung erreicht werden.

Eigenschaften

Ort
Winterthur
Baukategorie (SIA 102)
Justiz und Polizei
Art der Aufgabe
Neubau
Art des Verfahrens
Wettbewerb
Beschaffungsform
Offenes Verfahren
Baukosten in CHF (SIA 416)
86,209,000
Geschossfläche in m² (SIA 416)
13,341
Planung
2016 → 2024
Fertigstellung
2020 → 2024
Inbetriebnahme
2024