Energiezentrale Josefstrasse, Zürich

1361
Graber Pulver Architekt:innen
Technische Anlagen
Umbau
Offerte
Selektives Verfahren

Die Kehrichtverbrennungsanlage (KVA) von 1974 wird im Rahmen einer anspruchsvollen Transformation unter Betrieb zu einer modernen Energiezentrale umgebaut. Der mit robustem Gussglas eingekleidete Edelrohbau aus Beton und Stahl ist Resultat eines Wettbewerbs, dessen Umsetzung von 2014 bis 2024 dauerte.
Aufgabe ist das Speichern und Aufbereiten von Energie und der Betrieb der Fernwärmeversorgung von Zürichs Westen. Die Energie wird in Zürich Nord durch die Verwertung von Kehricht und Biomasse produziert. Bedarfsspitzen im Winter werden in der neuen Anlage mit Wärme aus Gas (später Biogas) abgedeckt.
Der Bau im dicht umbauten Kontext des Industriequartiers bildet ein Schlüsselelement in der Dekarbonisierung der Stadt Zürich. Bis 2040 soll die Stadt vollständig ohne Treibhausgas-Emissionen mit Energie versorgt werden. Die Energiezentrale, an der Schnittstelle zwischen dem Tunnelsystem zum Hagenholz und dem Fernwärmenetz Zürich West gelegen, gibt der Fernwärmeversorgung ein Gesicht.

Bildrechte: © Georg Aerni

Überlegungen zum Projektantrag

Sinnvoller Einsatz von Beton
Weiterverwendung und Transformation grosser Teile der bestehenden KVA-Betonstruktur (Wände, Stützen, Kamin, Teile von Kehricht- und Schlackenbunker) / Rückbau von UG-Volumen zugunsten Baumhain und Versickerungsflächen / Intelligentes, neues Betontragwerk für aussteifende Wandscheiben, hohe Nutzlasten und grosse Spannweiten / Primärbeton für Weisse Wanne unverzichtbar / Auftriebssicherung ohne Einbauten im Grundwasserträger / Teilweise neu erstellter Stahlbau für Verfahrenstechnik und Dach.
Materialspezifische Innovationen
Edelrohbau mit direkter Materialisierung / Schrauben statt schweissen im Metallbau (assemble to disassemble) / Dauerhaftes Profilglas als Fassade (einzelne Gläser zerstörungsfrei ausbau-, wiederverwend-, ersetzbar) / Neue Betonstützen, Wände, Decken in RC-, Treppen, Brüstungen in SCC-Beton / stützenfreie Schalungen mit Elementdecken (geringe Schalungshöhe ) über Tankräumen, Auffangbecken und Verteiler Netze / Weisse Wanne (mit Vorspannung der Bodenplatte) für eine Dichtigkeit im Grundwasser.
Interdisziplinäre Ansätze
Netto-Null 2040 als politische Zielvorgabe gekoppelt mit hohem ökologischem Bewusstsein bei Bauherrschaft und Planenden / Transformation unter Betrieb statt Neubau als deklarierter Ausgangspunkt macht Zusammenspiel zwischen Spezialisten unabdingbar / Grosses Knowhow in den Disziplinen Städtebau, Architektur, Landschaft, Bauingenieurwesen, Verfahrenstechnik, Fassadenplanung - und den ausführenden Unternehmern (Bau und Fassadenbau) / Energiezentrale als Resultat einer starken kollektiven Leistung.
Ortsspezifische Gestaltung
Die Massstäblichkeit der Infrastrukturbaute im Wohn- und Ausgehquartier, die technisch-funktionale Komplexität und der architektonische Ausdruck als zentrale Herausforderung / Versätze in der übereinander geschichteten Fassade verweisen auf die komplexe Stapelung der im Volumen organisierten Speicher, Pumpen, Kessel / Gurtbänder in walzblankem Aluminium halten die Gläser zusammen / Nachts bildet Innenbeleuchtung die Struktur aus Beton und Stahl als Schattenspiel auf der transparenten Hülle ab.
Gestalterisch-räumliche Konzeption
Fragmentarisches Abbruchgebilde wird mit Neubauteilen aus Beton und Stahl zu einem Ganzen komplettiert / Massive Ortbetonwände, Boden- und Deckenplatten lösen sich gegen oben zu einer lichten Betonstruktur auf / Drei skulpturale Treppenhäuser in Sichtbeton bilden wichtigen Teil eines inneren Parcours / Stahlbau trägt Verfahrenstechnik, Fassade und Dach / Blaues Gussglas und walzblanke Gurtbänder in Aluminium zeugen von der industrielle Vergangenheit des Ortes / Nachts, geheimnisvolles Glimmen.
Durchdachtes Tragwerk
Tragwerklich gesehen, bilden Alt und Neu, Beton und Stahl, Struktur und Hülle kongeniale Einheiten / Wo materialsparende Geschossdecken mit grossen Spannweiten und hohen Nutzlasten erforderlich sind, finden Rippendecken ihre Verwendung / Die Anwendung von Beton (RC, SCC) und Stahl geht einher mit der Leistungsfähigkeit des Materials / Ein massiver, tief ins Erdreich ragender Sockel aus Beton löst sich nach oben in ein Betonskelett auf, im Bereich des Daches in ein leichtes Tragwerk aus Stahl.
Umfassende Nachhaltigkeit
Relevanter Infrastrukturbaustein unter Betrieb transformiert / optimierte Bauzeit und maximale Weiterverwendung bestehender Substanz (Betonstützen, Wände, Kamin) (Ökonomie- und Nachhaltigkeitsgründe) als Prozessziel / umfassend ressourcenschonender Ansatz dank enger Koordination von Bau- und Verfahrenstechnik, Reduktion best. Gebäudegrundfläche auf 1/4, bzw. Volumetrie auf 1/8 / Entsiegelung des Areals und Schaffung Quartierpark / Minimierung Ressourcenverbrauch, Rückbau und Entsorgungsfahrten.

Eigenschaften

Ort
Josefstrasse 205, 8005 Zürich
Baukategorie (SIA 102)
Technische Anlagen
Art der Aufgabe
Umbau
Art des Verfahrens
Offerte
Baukosten in CHF (SIA 416)
CHF 40 Mio.
Geschossfläche in m² (SIA 416)
6'426 m2
Planung
2014 → 2019
Fertigstellung
2020 → 2024
Inbetriebnahme
2024