Sinnvoller Einsatz von Beton
Das Weinlager zu erhalten und umzunutzen war bereits Teil der Aufgabenstellung im Studienauftrag. Es galt also, die sperrige Betonstruktur des Bestands bewohnbar zu machen – und zu entscheiden, wie viel davon sinnvollerweise erhalten bleiben konnte. Durch den bewussten Einsatz von Eingriffen in die Bausubstanz konnte die Verwendung von neuem Beton gering gehalten und der Charakter des Bestands zum wesentlichen Merkmal des entstehenden Wohngebäudes werden.
Materialspezifische Innovationen
Durch den notwendigen Wegschnitt der tragenden Fassaden musste an ihrer statt ein neues statisches Element ergänzt werden. Geschälte Baumstämme bilden nun ein Pendant zu den bestehenden Pilzstützen und erinnern an die temporären Spriesse während der Bauzeit. Um diese kraftschlüssig mit den bestehenden Geschossdecken zu verbinden wurde die Armierung mittels eines Hochdruckwasserstrahl-Verfahrens (Jet-Roboter) freigelegt. Wo nötig, wurden die bestehenden Pilzstützen ergänzt oder repariert.
Interdisziplinäre Ansätze
Umnutzen bedeutet unter anderem, sich auf das Risiko einzulassen, bis zuletzt nicht genau zu wissen, was für Herausforderungen die Bausubstanz genau mit sich bringt. Daher waren während der Projektierung und des Bauens stets die gute, enge Zusammenarbeit und die Flexibilität aller Beteiligten gefragt. Ohne die Bereitschaft prozessorientiert zu arbeiten, hätte die Umnutzung des Weinlagers nicht umgesetzt werden können.
Ortsspezifische Gestaltung
Genau weil die Umnutzung des Weinlagers sich so stark auf die vorhandenen Qualitäten bezieht, schafft sie es, Räume mit einer starken Identität zu schaffen. Aber sie wird auch dem neuen Wesen des Quartiers als Wohnort gerecht. Das Haus öffnet sich im Erdgeschoss mit einem Café und Ateliers zum Quartier und die längsseitige filigrane Stahlkonstruktion der Balkone verweist zwar einerseits auf die Geschichte des Hauses, sie gibt dem Haus aber vor allem auch den Charakter eines Wohnhauses.
Gestalterisch-räumliche Konzeption
Die Umnutzung des Weinlagers bezieht sich zuallererst auf den Bestand. Seine mächtigen Pilzstützen erzählen auf eindrückliche Weise die Geschichte des Hauses. Sie sind die prägnantesten Elemente des Bestandes und bildeten daher den wichtigsten Ausgangspunkt des Entwurfs. Sowohl in den Wohnungen als auch in den gemeinschaftlichen Bereichen des Hauses werden sie freigespielt und inszeniert. Aber auch im äusseren Ausdruck verweist die Umnutzung auf die „früheren Leben“ des ehemaligen Weinlagers.
Durchdachtes Tragwerk
Die Eingriffe in die bestehende Bausubstanz wurden sorgfältig geplant, so dass trotz der Orientierung des Gebäudes überall im Haus gut gewohnt werden kann. Durch die Rückschnitte der Fassaden fällt viel Licht in die Räume und es gibt Platz für die neuen Balkonschichten. Die Tragstruktur des Bestandes wurde mit rohen Holzstützen ergänzt – die Wohnungen sind aber in Leichtbauweise zwischen die Pilzstützen gestellt. Daher sind sie leicht anpassbar und antizipieren weitere zukünftige Nutzungen.
Umfassende Nachhaltigkeit
Neben der entwurfsbestimmenden Ausdruckskraft der bestehenden Struktur motiviert auch die ökologische Nachhaltigkeit dazu, sorgsam mit dem Bestand umzugehen. So können durch die Weiterverwendung der alten Struktur 42% graue Energie eingespart werden. Durch die Photovoltaik-Anlage und die Grundwasser-Wärmepumpe werden beim Gesamtenergieverbrauch zwei Drittel Autarkie erreicht.